Die numismatische Rätselecke

  • Die numismatische Rätselecke

    Liebe Sammlerfreunde!

    Heute möchte ich mal einen etwas andersgearteten Thread eröffnen. Und zwar einen numismatischen Rätsel-Thread. Als Rätsel sollen hier insbesondere Fragen vorgestellt werden, die ohne logisches Denkvermögen, geistige Kreativität und kriminalistischen Spürsinn nicht zu lösen sind. Beispiele: Rätselhafte Münzen, geheimnisvolle Abbildungen, seltsame Attribute, historische Ungereimtheiten usw. Alle Rätsel müssen jedoch letztendlich mit einem einzigen Satz zu beantworten sein.

    Zitat


    AKTUELLER PUNKTESTAND
    (Stand: 03.05.2013 - 19:33 Uhr)
    Probus -----> 3 Punkte
    Andicz -----> 2 Punkte
    Erdnussbier -----> 3 Punkte

    Beginnen will ich einmal mit einer Münze, die ich letztes Jahr „für 'n Appel und 'n Ei“ (2,72 EUR) ersteigern konnte, da kein anderer an dieser Ruine Gefallen finden konnte. Angeboten wurde die Münze unter „Augustus Nominal barbarische Prägung Thrakien“. Ich habe trotzdem fieberhaft auf das Ende der Auktion gewartet und war am Ende froh, dass offenbar niemand außer mir die Besonderheiten dieser Münze entdeckt hat. Abgeschreckt dürfte potentielle Mitbieter vor allem der offensichtlich traurige Zustand der Münze und der Verdacht, dass es sich bei den grünen Auflagerungen ev. um „Bronzepest“ handeln könnte, was dann auch tatsächlich der Fall war. Dementsprechend war ich zunächst einmal mehrere Wochen damit beschäftigt, die Bronzepest in den Griff zu bekommen und die oxydartigen Auflagerungen, welche die Oberfläche teilweise bis zur Unkenntlichkeit (insbesondere Rückseite) verunstalteten (siehe Photo 1 vor der Reinigung), zu entfernen.

    Photo 1 - Vorher

    Photo 2 - Nach Reinigung und Konservierung

    Zunächst einmal zu den Maßen: Gewicht 18,38 g, Durchmesser 33 – 34 mm, Achse: 2 Uhr.

    Und nun zum Rätsel. Um dem Ratenden im Brecht’schen Sinne einige Hilfsstellungen zu geben, habe ich ein paar einführende Fragen zusammengestellt, die alles in allem zum Ziel führen können ...

    1. Um was für ein Nominal könnte es sich handeln?
    2. In welchem Jahrhundert vor oder nach Christi Geburt wurde die Münze hergestellt?
    3. Wurde die Münze geprägt oder gegossen?
    4. Welche Besonderheiten hat die Münze aufzuweisen?
    5. Wie sind diese Besonderheiten zu erklären?
    6. Welche Bruchstücke der Umschrift (Rückseite) kannst du erkennen?
    7. Welches klassische Siegessymbol, dass bis in die Moderne verwendet wird, ist auf der Vorderseite dargestellt?

    Beantwortet ist das Rätsel, wenn der Münzmeister oder Kaiser, sowie die RIC Nummer genannt werden. Beispiel: Es handelt sich um den Denar RIC 212 des Augustus.

    Solltet ihr nicht weiterkommen, könnt ihr mir hierzu weitere Fragen stellen.

    mit freundlichem Gruß

    IVSTVS
    ____________________
    Quidquid agis prudenter agas et respice finem. Was auch immer du tust, tue es weise und bedenke das Ende.

    http://independent.academia.edu/HJJost

    10 Mal editiert, zuletzt von justus (3. Mai 2013 um 19:33)

  • Uff, das ist eine harte Nuss........ Auf der Vorderseite erkenn ich ... NIchts :)
    Eine Frage zur Rückseite: Ich gehe einfach mal davon aus, dass das Foto nicht spiegelverkehrt ist, sondern die Prägung, und es sich somit entweder um eine Fehlprägung (auch Münzmeister liebten den mundigen lauwarmen Wein) oder eben so etwas wie ein "Siegel" oder ein Negativ einer Münzprägung oder eines Gusses ist. Wieviel Fragerei ist eigentlich erlaubt? :)

  • Es handelt sich um eine römische Münze, kein Siegel oder dergleichen. Die Rückseite ist die rechte Abb. auf Photo Nr. 2 (SC mit Umschrift). So schwer ist es eigentlich garnicht, man muss nur den gestellten Fragen folgen. Dass dies Münze seitenverkehrt ist, hast du ja schon festgestellt. Spiegelverkehrung kann man aufheben, indem man ...

    mit freundlichem Gruß

    IVSTVS
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  • Ja, die SC Seite ist die Rückseite. Aber das SC ist spiegelverkehrt so wie ich das sehe. Kurios. Die Frage die sich stellt: Ist die Legende ebenfalls spiegelverkehrt?
    Ich suche noch ein wenig weiter. Eher ein wenig "mehr"... :)

    Ergänzung: zurück spiegelt, schon klar :)

  • Ja, selbstverständlich.

    Anmerkung
    : Ich habe die Münze ausgewählt, da sie trotz ihres erbärmlichen Zustandes völlig aus dem Rahmen fällt, da es sie eigentlich garnicht geben dürfte!

    mit freundlichem Gruß

    IVSTVS
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    2 Mal editiert, zuletzt von justus (11. Januar 2013 um 23:46)

  • Habe die Münze einmal so gespiegelt, wie sie eigentlich aussehen müßte -----> Vorderseite (links) und Rückseite (rechts). Ein Tipp: Beantwortet einfach die Fragen der Reihe nach (Welche römischen Münzen hatten denn ein S C auf der Rückseite ?).

    mit freundlichem Gruß

    IVSTVS
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    http://independent.academia.edu/HJJost

  • So.. von mir und (mehr von) Andicz (von Andicz formuliert):
    Guten Morgen.

    Nach einer fruchtbaren gemeinsamen Recherche von Probus und mir (oder Andicz und mir, je nachdem wer es verschickt:) glauben wir, zu einem Ergebnis gekommen zu sein.

    Es handelt sich wahrscheinlich um einen Sesterz des Tiberius zu Ehren des Augustus (Divus Augustus) aus dem Jahr 36 – 37 n.Chr.

    Nachdem einige Parameter fest standen, hat uns die Buschstabenreihe "T P M" , kombiniert mit der zweiten erkennbaren Teil der Legende "G F A V" auf die (hoffentlich) richtige Spur gebracht.

    Avers:
    DIVO AVGVSTO SPQR (Legende)
    OB CIVES SER
    im Eichen-Kranz mit Schild, darunter Globus und zwei Steinböcke

    Revers:
    TI CAESAR DIVI AVG F AVGVST P M TR POT XXXVI
    großes S C mittig (seitenverkehrte Prägung)

    Somit gehen wir von RIC 57c oder RIC 63 oder RIC 69 aus.
    Da können wir uns noch nicht wirklich genau entscheiden.

    Der Eifer der Toren ist schlimmer denn der Zorn der Götter. (Euripides)
    -> Sollte ich mir manchmal zu Herzen nehmen :rolleyes: .

    2 Mal editiert, zuletzt von Probus (12. Januar 2013 um 16:12)

  • Vom Gewicht her vermute ich einen Dupondius, das SC war besonders häufig bei Augustus, auf der Vorderseite könnte ein Kranz sein, dann wäre es ein Münzmeister-Dupondius. Die Spiegelverkehrtheit rührt vermutlich daher, daß ein unbedarfter Germane einen echten Dupondius in Formsand grdrückt und die Form ausgegossen hat. Später haben die Germanen wohl dazugelernt. Es ist also ein nachgegossener Dupondius aus der Augustuszeit.
    Gruß ischbierra

  • Ist das vom Gewicht her nicht eher ein Sesterz? ?(

    EDIT: Sorry, hab mich nochmal umgeschaut, für diese Zeit ist sie zu leicht also Dupondius!

    Der Eifer der Toren ist schlimmer denn der Zorn der Götter. (Euripides)
    -> Sollte ich mir manchmal zu Herzen nehmen :rolleyes: .

    Einmal editiert, zuletzt von Probus (12. Januar 2013 um 16:17)

  • Das mit dem Gewicht ist natürlich ein Argument... Ich hätte es versucht, mit Materialverlust durch Zahn der Zeit und Reinigung zu erklären...
    Aber 6 – 7 Gramm ist natürlich viel...

  • Ich hatte noch die Idee, dass die Spiegelung von einer hängen gebliebenen Münze kommt, die dann als Stempel fungiert hat. Dazu müsste halt das Stempelbild negativ sein.

    Der Eifer der Toren ist schlimmer denn der Zorn der Götter. (Euripides)
    -> Sollte ich mir manchmal zu Herzen nehmen :rolleyes: .

  • Revers konnte ich bisher nur einem Sesterz, dem oben genannten zuordnen... Ich bin verwirrt :)
    Allerdings wäre die Münze mit ihren 18,38g nicht zu schwer für einen Dupondius? Zumindest für einen regulären...

    „ ... Der Dupondius ... wurde im Laufe der Zeit handlicher und schrumpfte in der späten Republik auf ihr späteres Gewicht von unter 17 Gramm.“

  • Hallo Probus,
    ich hatte Deinen Beitrag oben noch nicht auf dem Schirm, als ich meine These als Schnellschuß aufstellte. Vom Gewicht her ist es ein Dupondius, aber mein unbedarfter Germane muß leicht korrigiert werden, denn Du hast natürlich recht, ein ausgegossenes Negativ erscheint dann wieder positiv. Hauptproblem bleibt aber die Spiegelung. Damit schließe ich eine offizielle Prägung aus. Wenn inoffiziell, dann kann es auch ein Sesterz gewesen sein - ich habe keinen RIC um Vergleiche anzustellen. Ich korrigiere meine These dahingehend, daß ein originaler Dupondius/Sesterz zB in ein Tontäfelchen eingedrückt wurde und ein des Lesens Unkundiger diesen Abdruck auf einen Stempel gravierte. Das könnte ein Germane gewesen sein.
    Gruß ischbierra

  • Hallo Ischbierra.

    Ich bin wirklich gespannt, welche Geschichte sich hinter dieser Prägung verbirgt und inwiefern da barbarische Griffel im Spiel sind :)

    Aber zu der Spiegelung hab ich noch mal eine Frage:
    Ich finde die These spannend, dass ein des Lesens nicht mächtiger eine Gravur oder einen Abdruck falsch interpretiert oder übertragen hat.

    Aber: Wenn man durch Abdruck ein Negativ von einer Münze erstellt, wie du schon sagtest: zB in Sand oder Ton, diesen Abdruck dann als Vorlage für einen Stempel nutzt, also ein Negativ auf den Stempel übertragt, müsste dann nicht eine Prägung dieses Stempels trozdem wieder ein Postitiv werden?

    Vielleicht ist eher der Fall, dass ein des Lesens unkundiger eine Münzseite (die er als visuelle Vorlage nutzte) 1:1 auf einen Stempel übertragen hat?
    Nichtwissend, dass er die Vorlage eigentlich spiegelverkehrt übertragen müsste?

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