• Es wird Zeit für einen Sachsenfaden. Das Problem ist, wo fängt Sachsen an und wo hört es auf? Genaugenommen durchzieht es Halb-Europa, von den Angelsachsen über die Niedersachsen, Sachsen-Anhaltiner, Sachsen bis hin zu den Siebenbürger Sachsen. Der Name Sachsen ist wie ein Wanderpokal. Es gibt ihn auch mit vielen Bindestrichen: Sachsen-Coburg, Sachsen-Gotha,Sachsen-Weimar,Sachsen-Eisenach,Sachsen-Saalfeld usw. Ohne Zusätze liegt der Name heute auf dem Bundesland Sachsen. Historisch ist das aber die Mark Meißen. Entwirren wir also die Situation.
    Die Sachsen, ein germanischer Stamm taucht estmals um 150 n., zusammen mit den Angeln, nördlich der unteren Elbe auf. In den Jahrhunderten danach breiteten sie sich aus; in England entstehen mehrere Reiche; und nach Südosten hin, zwischen Weser und Harz, entsteht langsam das Stammesherzogtum Sachsen nach der Unterwerfung durch Karl den Großen. Im 9. Jhd. sind es die Liudolfinger, die das Herzogtum beherrschen (die Ottonen, dt.Könige und Kaiser stammen aus diesem Geschlecht). Otto I. macht 966 Heinrich Billung zum Stammenherzog in Nordsachsen, im Süden errichtet er die Pfalzgrafschaft Sachsen, die 1356 wieder mit dem Stammesherzogtum vereinigt wird. Nach dem Aussterben der Billunger 1106 und kurzen Zwischenspielen geht das Herzogtum 1142 an die Welfen. Unter Heinrich dem Löwen kommen Mecklenburg und das westliche Pommern dazu, wo slavische Stämme unterworfen wurden. Weil es Heinrich mit seinem Kaiser Barbarossa verscherzte, wurde das Stammesherzogtum aufgeteilt: Herzogtum Westfalen kam an die Erzbischöfe von Köln, das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg blieb bei den Welfen und das Herzogtum Sachsen fiel an die Askanier von Brandenburg. 1260 wurde dieses Herzogtum Sachsen unter den Askaniern geteilt in Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg. Dieses Sachsen-Wittenberg bekam 1356 die Kurwürde. Nach dem Aussterben der Wittenberger Askanier ging die Kurwürde des Herzogtums Sachsen 1423 an die Markgrafen von Meißen, die Wettiner. Mit der Kurwürde kam der Name Sachsen. Das ursprüngliche Sachsen wurde im Laufe der Zeit zu Niedersachsen, das neue Meißner Sachsen, wo ab 1247 auch Thüringen dazugehörte wurde im Hl.Röm.Reich als Obersachsen bezeichnet. Die Wettiner beherrschten Meißen seit 1089. 1485 wurde Sachsen zwischen den beiden Brüdern Ernst und Albrecht aufgeteilt. Albrecht bekam die Markgrafschaft Meißen, Ernst die Kurwürde und die Thüringer Gebiete. Die Ernstiner regierten hauptsächlich in Wittenberg und Torgau, die Albertiner in Meißen und Dresden. Der Ernestiner Friedrich III. der Weise unterstützte die Reformation Luthers, die Albertiner wurden erst nach dem Tod Georg des Bärtigen 1539 protestantisch. Aber dann geschah noch mal ein Schelmenstück. Der Ernestiner Kurfürst Johann Friedrich führte, zusammen mit Philipp von Hessen, die Protestanten im Schmalkaldischen Krieg. Sein sächsischer Verwandter, der Albertiner Moritz von Sachsen, ebenfalls Protestant, schlug sich aber auf die Seite des Kaisers Karl V. für das Versprechen, die Kurwürde übertragen zu bekommen. Das Protestantische Heer wurde bei Mühlberg an der Elbe 1547 von den kaiserlichen Truppen besiegt, woraufhin die ernestiner die Kurwürde verloren und sie auf die Albertiner übertragen wurde. Da blieb sie bis 1918. Die Ernestiner Gebiete erlebten dann unzählige Teilungen(all die Thüringer Sachsentümer) während das Albertiner Sachsen - bis auf ein kurzes Zwischenspiel - ungeteilt blieb, lediglich nach den napoleonischen Kriege große Teile des Landes an Preußen verlor.
    Nach so viel Geschichte nun aber auch Münzen. Ich fange mit drei sogenannten Sachsenpfennigen an - es gibt sie in unzähligen Varianten - geprägt im Harz-Saale-Elbe-Gebiet. Ansonsten werde ich mich bei weiteren Münzen auf die Mark Meißen und das jeweilige Kursachsen beschränken. Aber ich hoffe, Ihr habt auch Stücke aus diesem Gebiet zum herzeigen.
    Gruß ischbierra

  • Wenn ich mir Eure wunderbaren Stücke so anschaue, kommt mir die leider undurchführbare Idee:
    Laßt uns eine gemeinsame Ausstellung von Münzen der Sammler im Münz-Board-Forum auf die Beine stellen.
    Austellungsort: Irgendwo in der Mitte der Republik (da liegt Waldeck ganz gut im Rennen :love: )
    Die erste Eintrittskarte kaufe ich!

  • Hallo Wolfgang,
    schöne Idee, aber Bilder in Ausstellungsvitrinen, weit weg vom Auge des Betrachters - da sind Photos doch erheblich betrachterfreundlicher. Dann sollte man wohl lieber über sinnvoll geordnete Schaugalerien im Forum nachdenken; kein Sammelsorium sondern eine gut beschriftete Bilderdatei. Deine für die Waldecker Münzen gefällt mir sehr gut.
    Nach den Sachsenpfennigen als Einstieg nun Stücke der Markgrafschaft Meißen.
    Nr.1 ist ein Brakteat von Dietrich dem Bedrängten 1197-1221, o,98 gr. Lit.: Schwinkowski 479 b
    Nr.2 ist ein Brakteat von Heinrich dem Erlauchten 1221-1288, 0,94 gr., geprägt in Meißen um 1285, Lit.:Schwinkowski 783
    Gruß ischbierra

  • Mit der Tournoise schuf Frankreichs König 1266 erstmals eine Groschenmünze, die dann reichlich nachgaahmt wurde. Es war das Ende der Pfennig-Zeit. 1300 übernahm Böhmen den Goschen (Prager Groschen). Markgraf Friedrich II. von Meissen übernahm den Groschen von seinen böhmischen Nachbarn gegen 1338. Diese ersten Meißner Groschen nennt man Breite Groschen. Zu den frühen Stücken gehört dieser Groschen aus der Münze Freiberg, 3,41 gr., Lit.: Krug 3,(1)

    AV:Blumenkreuz , °+°FRID´°D´I°GR´A°TVRInG´°LAnGRAV´
    RV:nach links aufsteigender Löwe, Rosette+Rosette GROSSVS ° mARCh´° mYSnEIISIS

    Gruß ischbierra

  • Unglaublich, was du da alles aus deinen Beba-Kästen zauberst. Und alles immer nur erste Sahne. Sei froh dass du diese Erhaltungs- und Seltenheitsgrade nicht für antike Münzen bezahlen musst ... :rolleyes:

    mit freundlichem Gruß

    IVSTVS
    ____________________
    Quidquid agis prudenter agas et respice finem. Was auch immer du tust, tue es weise und bedenke das Ende.

    http://independent.academia.edu/HJJost

  • Hallo justus,
    vielen Dank für Deine Begeisterung. Da ich auch Antike sammle, kenne ich in etwa die Preise, aber ich sammle ein bißchen nach der Devise: weniger ist mehr. Lieber mal auf einen Herrscher verzichten, dafür aber den anderen in besserer Qualität. Ich habe auch kein Spezialthema und forsche nicht numismatisch. Deshalb jage ich zB auch nicht dem 985sten Gallienus hinterher, weil ich genau die Bandschleifenform noch nicht habe. Es reicht, wenn die Experten das machen und die anderen dann an ihren Erkenntnissen teilhaben lassen. Vielleicht sammle ich auch ein wenig antizyklisch, zur Zeit jedenfalls keinen Gallienus oder Probus.
    Gruß ischbierra

  • Nun müssen wir einen kleinen Sprung machen - ich habe nicht von jedem Wettiner Herrscher Münzen.
    Nach dem Tode Friedrich II., Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen 1349 , erbt sein altester Sohn Friedrich III. Land und Titel. Er hat auch die Vormundschaft über seine noch unmündigen Brüder Balthasar und Wilhelm I. Nach dem Tod Friedrich III. 1381(sein Sohn, der spätere Friedrich IV. ist noch unmündig) übernimmt Balthasar die Landgrafschaft Thüringen, sein Bruder Wilhelm I. das Markgrafschaft Meißen.
    Hier nun ein Fürstengroschen von Balthasar, geprägt um 1405/06 in Sangerhausen, 2,67 gr, Lit.: Krug 564,2
    AV: + BALThA ° DI ° GRACI ° TVRING ° LAnG
    RV: + GROSSVS + mARCh + MISNENSIS
    Gruß ischbierra

  • Markgraf Friedrich III. hatte noch vor seinem Tod vorsorglich seinen unmündigen Söhnen Friedrich (IV.) und Wilhelm (II.) die Mark Osterland übergeben, ein Teil der Mark Meißen. Balthasar der seinem Bruder Friedrich III. in der Landgrafschaft Thüringen folgte, starb 1407. Ihm folgte sein Sohn Friedrich der Friedfertige (bis 1440). Balthasars Bruder Wilhelm I., der die Markgrafschaft Meißen von Friedrich III. erbte, starb 1408. Zwei Jahre Streit zwischen Friedrich IV., Wilhelm II. und Friedrich d.Friedfertigen schlossen 1410 mit einer Neuaufteilung des Landes. Friedrich d.Friedfertige behielt Thüringen und bekam Teile der Mark Meißen, Wilhelm II. wurde Markgraf von Meißen-Osterland, Friedrich IV. Markgraf von Meißen. Als Friedrich IV. 1423 mit der Kurwürde belehnt wurde lebte er als Kurfürst Friedrich I. weiter, bis 1428.
    Die drei Fürsten prägten sowohl allein, als auch in manchen Zeiten gemeinsam.
    Ich zeige hier zwei Groschen, die Friedrich IV. allein prägen ließ.

    Nr.1: Thüringer Helmgroschen, Freiberg 1405-1411, 2,59 gr, Lit: Krug 664,2
    AV: FRID ° DEI ° GRACIA ° TVRInG ° LAnG
    RV: GROSSVS ° MARCh ° MISnENSIS

    Nr.2: Schildgroschen, Freiberg 1409-1412, 3,13 gr, Lit: Krug 672,2
    AV: ° + ° FRID ° DEI ° GRACIA ° TVRInG LAnG
    RV:* + * GROSSVS ° mARChIO ° mISnENS

  • In den Jahren 1412-1425 prägten die beiden Brüder Friedrich I. und Wilhelm II. gemeinsam mit ihrem Cousin Friedrich von Thüringen.
    Hier ist ein Schildgroschen aus dieser Zeit, geprägt in Freiberg, 2,54 gr. Lit.: Krug 684,1
    AV: Rose F°W°F°DEI°GRACIA°TVRInG°LAnG
    RV: Rose GROSSVS°MARCh°MISnENSIS

  • Im Jahr 1428 starb Kurfürst Friedrich I. ohne testamentarische Regelungen. Sein 16 jähriger Sohn Friedrich II. folgte ihm in die Herzogs- und Kurwürde, zusammen mit seinen Brüdern Sigismund (12 Jahre), Heinrich (6 Jahre) und Wilhelm III. (3 Jahre). Es ist die Zeit der Hussiteneinfälle. Heinrich stirbt schon 1435. Da nimmt man dann eine Nutzungsteilung (Örterung) für 9 Jahre vor. Kurfürst Friedrich II. bekommt die Mark Meißen, Sigismund Gebiete in Thüringen, Wilhem III. das Osterland (Altenburg/Leipzig). Ein Jahr später verzichtet Sigismund auf seine Herrschaftsrechte und wird Geistlicher. Seine Brüder erzwingen gegen seinen Willen seine Einsetzung zum Bischof von Würzburg im Jahr 1440. ZweiJahre später muß er abdanken, wird von seinen Brüdern gefangengenommen und verbringt des Rest seines Lebens (bis 1471) in Gefangenschaft. 1440 starb Cousin Friedrich von Thüringen ohne Erbe. Nun verlangte Wilhelm III. die Neuaufteilung der Herrschaftsgebiete. Er bekam die Landgrafschaft Thüringen und die wettiner Besitzungen in Franken, Friedrich II. behielt die ganze Markgrafschaft Meißen und das Kurfürstentum.
    Friedrich II. prägte allein und zusammen mit seinen Verwandten.
    Nr1: Schildgroschen zusammen mit Bruder Sigismund und Cousin Friedrich von Thüringen aus den Jahren 1428-1436, geprägt in Freiberg, 2,95 gr.,Lit.: Krug 984,8
    AV: Rose F°F°S°DEI°GRACIA°TVRInG°LAnG
    RV: Stachelrose GROSSVS°MARCh°MISnENSIS

    Nr2: Schildgroschen allein, geprägt in Leipzig in den Jahren 1454/56, 2,17 gr., Lit.: Krug 797,4
    AV: Lilie F°DEI°GRACIA°TVRInGE°LANG
    RV:Lilie GROSSVS°MARCh°MISnENSIS

    Nr3:Hohlheller,nach 1451, geprägt in Wittenberg als städtische Prägung mit Zustimmung des Kurfürsten, 0,2 gr., Lit.: Krug 840

  • Friedrich II. war verheiratet mit Margarethe, der Tochter Kaiser Friedrich III. Ihr gehörte das Städtchen Colditz. Ihr Ehemann gestattete ihr, in Colditz Groschen schlagen zu lassen, was sie seit 1456 auch tat. Weil sie aber ihre Initiale M vor der ihres Mannes F setzen ließ, erhob ihr Schwager Wilhelm III. von Thüringen Einspruch wegen illegaler Prägung, denn Münzherr war Friedrich und nicht sie. Ab 1457 ( bis 1463) wurden dann Groschen in der richtigen Anordung: F auf der Vorderseite, M auf der Rückseite geprägt (Nr.1). In Erwartung seines baldigen Endes und eingedenk der unfreundlichen Einstellung seines Bruders Wilhelm III. gegenüber seiner Frau, erwirkte Friedrich bei seinem Schwiegervater, Kaiser Friedrich III. das Münzrecht für seine Frau in Colditz. Die von 1463 bis zum Tod Friedrich II. 1464 geschlagenen Münzen tragen die Initialenfolge MF (Nr.2).
    Nr.1: Friedrich II. und Margarethe, Schwertgroschen, Colditz, 2,38 gr, Krug 1132,11
    AV: Doppelkreuz F°DEI°GRACIA°TVRInGE°LAIIG
    RV: :M:GROSSVS°MARCh°MISnEIISIS

    Nr.2: Margarethe und Friedrich 1463/64, Schwertgroschen, Colditz, 2,71 gr, Krug (1203),2
    AV: M°F°DI°GRACIA TVRInGE°LAII
    RV: Doppelkreuz GROSSVS°MARCh:MISnEnSSIS

    Nr.3: Wilhelm III. 1445-1482, Hohlpfennig, Gotha, 0,38gr.,Krug 1302
    Landsberger Pfahlschild O+O LAND

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