Sachwert oder Notgroschen?
Das Geheimnis der Olympia-Münzen
05.08.2012, 10:03 Uhr
Die Deutschen haben vor 40 Jahren zu den Spielen in München Münzen gekauft wie nie zuvor. Jeder Deutsche besitzt theoretisch noch mindestens eine. Die Bundesbank löst sie auch immer noch ein.
von Christian Schnell
Frankfurt. Wieder sind Olympische Sommerspiele, diesmal in London. Wieder geht es um Medaillen, Rekorde und die Nationenwertung. Von den Spielen in München, von denen in diesen Tagen wegen des Jubiläums nach 40 Jahren ebenfalls viel die Rede ist, sind heute noch die bunten Sportklamotten, das schreckliche Attentat und ein beeindruckendes Sportgelände in Erinnerung. Und theoretisch hat jeder Anleger noch mindestens ein Andenken im Depot.
Eigentlich waren es ganz normale Münzen zu zehn Mark. Das allein war außergewöhnlich, gab es damals doch lediglich Münzen bis zu einem Wert von fünf Mark. Fünf Motive legte der Bund von 1970 bis wenige Tage vor Beginn der Spiele Ende August 1972 auf: die "Strahlenspirale" als Symbol der Spiele, die verschlungenen Arme mit der Aufschrift "Citius, Altius, Fortius", eine Sportlergruppe, die Sportstätten und zum Schluss das olympische Feuer mit Spirale und Ringen.
Die unglaubliche Zahl von 100 Millionen Münzen hat der Bund damals an seine Bürger verkauft. Nie mehr in der Historie war der Ansturm auf eine Sondermünze derart groß. Und jedes Mal hat er dabei zehn Mark eingenommen. Denn die Münzen kamen in den allermeisten Fällen sofort ins Sammelalbum und so gut wie nie als reguläres Zahlungsmittel in den Umlauf. Dabei wäre das möglich gewesen.
Das Ergebnis war schon damals ein Paradebeispiel dafür, wie ein Loch in der Finanzierung geschickt gestopft werden konnte. Weil die geplanten Kosten für die Bauten in München und die Ausrichtung am Ende mehr als doppelt so hoch lagen, war schließlich jede zusätzliche Einnahmequelle willkommen.
Und die Münzprägung erwies sich als wahrer Geldsegen. Von der einen Milliarde Mark, die so zusammenkam, blieben nach Abrechnung aller Kosten 679 Millionen übrig. Von solchen Arten der Finanzierung können Politiker heute nur noch träumen.
Dabei hatte der Münzkauf für Anleger durchaus seine Berechtigung. Jede Münze hatte schließlich eine 625er-Silberlegierung, 62,5 Prozent von ihr bestanden somit aus Silber. "Der Silbergehalt der Olympia-Münzen war für heutige Verhältnisse sehr hoch", sagt Andreas Patschinski vom Kölner Münzhändler und Auktionshaus Knopek.
Gehortete Olympia-Münzen eher Notgroschen als Geldanlage
Bei einem Gewicht von 15,5 Gramm waren das immerhin 9,68 Gramm Silber. Bei Kursen wie im vergangenen Sommer, als für ein Gramm Silber rund ein Euro gezahlt wurde, hätte der Anleger beim Händler somit ein gutes Geschäft gemacht. Knapp zehn Euro wäre demnach damals allein der Silbergehalt wert gewesen.
Heute ist das weniger. Laut der Internetseite "muenzkatalog-online.de" beträgt der Wert des Silberanteils aktuell rund sieben Euro. Im Internet werden die Münzen mit den fünf Motiven theoretisch zwischen 15 und 25 Euro gehandelt.
Allerdings läuft das Geschäft mit den Olympiamünzen im Moment - vorsichtig ausgedrückt - eher schleppend. Gehörte es in den 70er- und 80er-Jahren vielerorts zum guten Ton, die Sonderprägungen des Bundes über fünf oder zehn Mark zu sammeln, so ist dies heute eher das Hobby der älteren Generation. Kein Wunder: Wer immer mehr mit Karte bezahlt, dem fehlt der Sinn für Schönheit und Wert von Münzen.
Zudem war die Prägung mit 100 Millionen Stücken viel zu groß, als dass es unter Sammlern einen Engpass geben könnte. Eher das Gegenteil ist der Fall: Kaum Nachfrage trifft auf großes Angebot. Oder wie es Patschinski ausdrückt: "Diese Münzen werden auch in 100 Jahren nicht selten sein."
Für Anleger heißt das, sie haben mit den nun seit 40 Jahren gehorteten Olympia-Münzen eher einen Notgroschen im Safe als tatsächlich eine Geldanlage. Denn ihren Wert von umgerechnet 5,11 Euro haben die Münzen mit den fünf verschiedenen Motiven bis heute.
Zwar lösen sie die Banken und Sparkassen nicht mehr ein, wie dies noch vor Jahren der Fall war. Aber bei den Niederlassungen der Bundesbank - den Landeszentralbanken - können sie weiter in die aktuelle Währung umgetauscht werden. Dort spielt es auch keine Rolle, ob der Grünspan mittlerweile heftig an der Silberlegierung nagt. Auf solche Äußerlichkeiten legt man dort keinen Wert.
Quelle: http://www.handelsblatt.com/finanzen/rohst…/6948602-2.html