Antike Fehlprägungen

  • Auf Wunsch von justus nochmal im extra Thread:

    Dann lasst mal eure verschobenen (oder sonst ungewöhnliche) Schmuckstücke sehn!

    Der Eifer der Toren ist schlimmer denn der Zorn der Götter. (Euripides)
    -> Sollte ich mir manchmal zu Herzen nehmen :rolleyes: .

    Edited once, last by Probus (March 1, 2019 at 5:53 PM).

  • Quote

    Vielen Dank, Jakob. Die einleitenden Worte, wie von dir gewünscht, sind hier nun die entsprechenden Erläuterungen zum Thema "Fehlprägungen".
    P.S. Einen solch interessanten "Doppelschlag mit Silhouettenbildung" habe ich leider nicht zu bieten. Gratuliere zu diesem Superstück! mfg Jürgen


    Von der Antike bis in die Frühe Neuzeit wurden Münzen überwiegend von Hand, in Form der sog. Hammerprägung, hergestellt. Fehlprägungen waren daher an der Tagesordnung und kamen, soweit sie während der nachfolgenden Qualitätskontrolle durch den „dispensator“ (Kassierer oder Zahlmeister) bzw. „aequator monetae” (Münzprüfer) nicht schon aussortiert worden waren, in den allgemeinen Zahlungsverkehr.

    -----> Zur Münzherstellung siehe auch die ‚Dokumentation "Römische Münzberufe" – Teil 1’ (Link unten).

    Bei römischen bzw. antiken Münzen generell finden sich im allgemeinen folgende Arten von Fehlprägungen:

    1. Stempelausbruch = Unter einem Stempelausbruch versteht man, wenn z. B. Stücke aus dem Stempel herausgebrochen sind. Der Stempelausbruch darf nicht mit einem Stempelbruch oder einem Stempelriss verwechselt werden. Stempelausbrüche entstehen durch Materialermüdung in Folge von zu langem Gebrauch eines Stempels.

    2. Stempelbruch oder Stempelriss = Unter einem Stempelbruch oder Stempelriss versteht man den Umstand, dass ein Prägestempel auf Grund von Materialermüdung reißt, sodaß sich beim Prägevorgang erhabene Linien auf der Münzoberfläche zeigen, die dem Verlauf des Stempelrisses folgen. In der wissenschaftlichen Numismatik kann an einem Stempelbruch die Abfolge von Prägungen anhand des Fortschreitens des Bruches nachvollzogen werden.

    3. Verschmutzter Stempel = Bei einem verschmutzten Stempel, d. h. dass Teile der eingravierten Legenden oder Portraits durch Verunreinigungen verstopft sind, fehlen nach dem Prägevorgang oft ganze Buchstaben oder Portraitelemente.

    4. Doppelprägung = Unter einer Doppelprägung versteht man, wenn eine bereits fertig geprägte Münze ein weiteres Mal dem Prägevorgang zugeführt und erneut geprägt wird. Eine Doppelprägung ist daran zu erkennen, dass sie beidseitig sie doppelte Konturen, also quasi eine Silhouette aufweist. Die Münze kann in diesem Fall verdreht oder dezentriert überprägt werden, was solche Stücke unter Sammlern besonders begehrt macht.

    5. Dreifachprägungen bzw. andere Mehrfachprägungen kommen nur sehr selten vor, entstehen aber ebenso wie Doppelprägungen. Sie sind unter Sammlern auf Grund ihrer extremen Seltenheit besonders begehrt.

    6. Inkuse Prägungen = Unter eine Inkusprägung versteht man, wenn eine bereits geprägte Münze zwischen den Prägestempeln verbleibt. Ein danach eingelegter weiterer Rohling wird dabei nur einseitig geprägt, während auf der anderen Seite das spiegelverkehrte (inkuse) Abbild der darunterliegenden Münze eingeprägt wird.

    7. Überprägungen = Überprägungen kommen häufiger bei Münzen der Völkerwanderungszeit und byzantinischen Münzen vor, wobei ältere Münzen, wohl auf Grund von Materialmangel einfach mit den Prägestempeln eines weiteren Kaisers überprägt werden.

    Dokumentation "Römische Münzberufe" - Teil 1 (zum Prägevorgang) -----> Dokumentation "Römische Münzberufe" - Teil 1

    mit freundlichem Gruß

    IVSTVS
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    Quidquid agis prudenter agas et respice finem. Was auch immer du tust, tue es weise und bedenke das Ende.

    http://independent.academia.edu/HJJost

    Edited 4 times, last by justus (January 17, 2013 at 1:56 AM).

  • Hach, meine modernen Fehlprägungen halten sich auch in Grenzen, sagen wir so es wird nix extra gekauft, bloß aufgehoben wenn es sich in einigen Kilo Münzen versteckt.

    Um immerhin irgendetwas zu zeigen, ein minikleiner Stempelausbruch:

    Sobald ich irgendeine andere Fehlprägung in die Finger bekomme, landet sie aber bestimmt auch hier

    Grüße Erdnussbier

  • Danke! Ja wäre schön, wenn du noch was findest. Das es bei modernen Münzen noch Stempelausbrüche gibt war mir nicht so klar (wenn auch eigentlich logisch, man kann ja nicht jede vorm Verlassend er Prägeanstalt überprüfen).

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  • Hey, Jakob. Ich hab' jede Menge interessante Fehlprägungen. Leider in den nächsten Tagen nur wenig Zeit zum Photographieren. Sonntag mach' ich mich mal dran. Dann geht hier richtig die Post ab, hehe ! :rolleyes:

    mit freundlichem Gruß

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  • So und nun zu den versprochenen „error coins“ aus meiner Sammlung, wobei ich hoffe, dass der eine oder andere von Euch auch ein paar interessante Beispiele dazu beitragen wird.

    Als erstes möchte ich Euch ein kleines „Schmankerl“ vorstellen. Zufälligerweise war es auch die erste Fehlprägung, die mir durch reinen Zufall vor Jahren in die Hände fiel und so erst mein Interesse für diese Art von antiken, numismatischen „Kuriosa“ weckte.

    Es handelt sich um die relativ seltene Form einer Doppel- bzw. Dreifachprägung auf der Vorder- bzw. Rückseite. Um Euch einen Vergleich zu ermöglichen, habe ich eine entsprechende Originalmünze des Arcadius beigefügt.

    Arcadius. Æ 16 (Centenionalis), Cyzikus 383 – 388 n. Chr.
    Av. Doppelprägung. D N ARCADIVS P F AVG / Drapierte, gepanzerte Büste mit Perlendiadem n. r.

    1. D N ARCAD [IVS P F AVG] – links.
    2. [D N] ARCA [DI] VS P F AVG – oben und rechts.

    Rv. Dreifachprägung. GLORIA ROMANORVM / Kaiser zu Pferd n. r. reitend, rechte Hand zum Gruß erhoben.
    1. [GLO] RIA [ROMANORVM] – rechts.
    2. [GLORIA R] OMANORVM – darunter.
    3. [GLORIA] ROMANORVM – rechts.

    Im Abschnitt SMKΓ (Cyzikus, 3. Offizin). Gewicht: 1,8 g. Durchmesser: 16 mm. Achse: ca. 11 Uhr. Ref. RIC 29b3, Cohen 23, Kampmann 165.25.2. Erhaltung: Vorzüglich. Dunkelbraune Patina. Doppelprägung (Vorderseite) und 3fache Prägung (Rückseite).

    Anmerkung: Fehlende oder nicht erkennbare Bestandteile sind, wie in der Geschichts- und Altertumswissenschaft üblich, in eckige Klammern gesetzt.

    mit freundlichem Gruß

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  • Sehr interessant!!! Sowas habe ich noch nicht gesehen, Doppelschläge begegnen einem ja noch hin und wieder, aber dreifach ...?
    Ich besitze leider noch keine Prägung solcher Art! Aber wie hab ich schon mal gesagt: Man muss ja noch Ziele haben! :)

    Also: Tolles Stück!

  • Und hier zum Vergleich ein einfacher Doppelschlag ----->

    Constantius II.
    Æ3 Follis, Thessalonica 335/336 AD (3. Offizin).
    Av. Doppelschlag. FL IVL CONSTANTIVS NOB C / Drapierte, gepanzerte Büste mit Lorbeerkranz n. r.
    Rv. GLORI – A EXER – CITVS / 2 Soldaten mit Lanzen und Schilden, dazwischen 2 Standarten (°). Im Abschnitt SMTSΓ.
    Gewicht: 2,45 g. Durchmesser: 20 mm.
    RIC VII Thessalonica 200; KM 147.19.
    Erhaltung: Vorzüglich. Selten (R1). Dunkelgrüne Patina.

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  • Den dreifachschlag hätte ich auch gerne... Glückwunsch zu dem hübschen kerlchen und danke fürs Zeigen. Einen 'dreifachen Doppelschlag' habe ich bisher auch noch nicht gesehen (aber davon gehört).

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  • Ebenfalls so eben angekommen eine neue Fehlprägung (Doppelschlag auf der Vorderseite).

    Severina
    Æ Antoninian (Fehlprägung), irreguläre Münzstätte ca. 270 – 275 n. Chr.
    Av. SEVERINA AVG / Drapierte Büste mit Diadem n. r. auf Mondsichel.
    Rv. CONCO – RDIA AVGG / Severina n. r. stehend, reicht dem l. stehenden Kaiser die Hand. Im Abschnitt ϝ (= digamma) XXI R.
    Gewicht: 3,2 g. Durchmesser: 20 mm. Achse: 10 Uhr.
    Ref. RIC V-1 Rome 3, S.

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  • Ich hoffe du meinst nicht dieses seltsame Ex. mit künstlicher Nachpatinierung von Daniel Zufahl (Numis Matic) aus München. Mal abgesehen von seinen "Mondpreisen", so hat die Münze auch beginnende "Bronzepest". http://www.ebay.de/itm/NM-Gallien…=item1c2c97d923

    mit freundlichem Gruß

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