• ich werde die medaille mal unvoreingenommen als geschichtliches zeitdokument betrachten, etwas anderes ist sie nämlich auch nicht.
    ich muss auch leider der aussage "einschlägige kreise" ablehnen lieber wolfgang. nicht jeder der sich für dieses dunkle kapitel der deutschen/europäischen geschichte interessiert ist auch gleich ein anhänger dieser ideologien. obwohl es die natürlich auch gibt, das ist unbestritten. sonst wären ja auch die sammler von artefakten des amerikanischen sezessionskrieges alles befürworter der sklaverei, usw. diese pauschalisierungen mag ich nicht. so eine medaille hat schon ihren materiellen wert, ausserdem den historischen wert. sie ist kein privates machwerk nach 45 sondern ein zeitdokument. in anderen foren wurde ja ähnlich argumentiert und das stück "eher mit der beisszange" angefasst.

    "Naer Oostland Willen Wij Rijden" weist auf einen niederländischen hintergrund, auch wenn die medaille aus pforzheim kommt.
    es war das motto der flamen und niederländer, welche im 12./13. jahrhundert in grossen trecks nach osten zogen um die ostgebiete zu besiedeln.
    allerdings bezog sich diese besiedelung ursprünglich auf das gebiet des heutigen brandenburg.
    Der Satz entstammt der ersten Zeile eines liedes dieser Zeit.
    http://www.liederenbank.nl/liedpresentati…k=122588&lan=nl

    hier ein paar hintergründe: http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/a-742730.html

    die medaille zeigt einen reiter mit schwert über der küstenlinie des baltikums, dem der adler mit hakenkreuz vorweg schwebt.
    das ist einmal der bezug zur tradition und der bezug auf die "neue zeit" unterm hakenkreuz. die nazis sahen sich bezüglich ihrer "lebensraum im osten"-politik in der deutschordenstradition des mittelalters. deshalb wurde auch der reiter mit schwert gewählt. die medaille ist wie der name sagt dem sieg im polenfeldzug 1939 gewidmet.
    die rückseite zeigt lediglich das hakenkreuz über eichenlaub.

    Nachtrag: Diese Erklärung stellt keine Verherrlischung dieser Weltanschauung dar, sie dient lediglich der Erklärung der Symbolik.

  • ich muss auch leider der aussage "einschlägige kreise" ablehnen lieber wolfgang. nicht jeder der sich für dieses dunkle kapitel der deutschen/europäischen geschichte interessiert ist auch gleich ein anhänger dieser ideologien. obwohl es die natürlich auch gibt, das ist unbestritten

    Das habe ich niemand unterstellen wollen - im Gegenteil, ich halte die Restriktionen, mit denen Artefakte aus der NS-Zeit belegt sind, für überzogen. Die Jahre 1933-45 sind untrennbarer Teil der dt. Geschichte und sollten ebenso aufgearbeitet werden können. In Wahrheit wird jeder Ansatz dazu sofort tabuisiert und man sieht sich blödsinnigen Vorwürfen ausgesetzt.

    Dein Nachtrag verdeutlicht auch das Dilemma in dem wir stecken - Dein Beitrag ist doch eindeutig und keinesfalls ideologisch begründet - trotzdem siehst Du die Notwendigkeit, dies nochmal deutlich herauszustellen. Dies ist mittlerweile nicht nur ein Phänomen bei Beiträgen zur NS-Zeit.

    Etwas mehr Gelassenheit, dann wird es hoffentlich auch für die zitierten "einschlägigen Kreise" uninteressant solche Stücke aus anderen Gründen zu sammeln.

  • hallo wolfgang - dann hatte ich dich missverstanden. sorry...
    den nachsatz habe ich bewusst gebracht, um eventuell mitlesenden "gutmenschen" den wind aus den segeln zu nehmen. gerade in unserer "ich verklag dich"-gesellschaft. das ist traurig aber eigenschutz. leider wird man ja schnell in eine ecke gedrängt, in der man nicht zuhause ist. ich sammel zum beispiel nix aus der zeit. wenn etwas den weg zu mir findet, dann ok, meist findet es schnell einen abnehmer. ein schönes sprichwort sagt übrigens: "wer seine vergangenheit leugnet, der verdient keine zukunft" .

    bei der erklärung so eines stückes geht es ersteinmal um die fakten und die hintergründe, auch die der symbolik. nicht um die verbreitung einer ideologie.
    an sowas gehe ich unvoreingenommen, das könnte auch "hammer und sichel" oder ein "pink-grün gestreifter pudel mit wollsocken sein" =)

    gerade bei solchen stücken hängt natürlich auch eine ideologie dran, das ist klar. aber jede ideologie hat ihre gründe und begründungen, welche sich in der geschichte finden. so wie eben hier im beispiel der ostland-prägung. die ursprünge der symbolik und der beschriftung gehen bald 800 jahre zurück und wurden in neuem kontext wiederverwendet und missbraucht. interessant an der sache ist, das ein niederländischer text für diese medaille herhalten musste. im weiteren verlauf des krieges waren zum beispiel flämische freiwilligenverbände sehr aktiv an verbrechen in den besetzten ostgebieten beteiligt. weiterhin befindet sich das wappen danzigs in der mitte der medaille. dies nimmt bezug auf danzig als deutschordensstadt, von wo aus der kampf um " den lebensraum im osten" beginnt. in danzig, der alten deutschordensstadt begann eigentlich der zweite weltkrieg mit dem beschuss der danziger westerplatte.

    grüsse platinrubel

    Edited 2 times, last by platinrubel (February 25, 2014 at 8:47 AM).

  • Hallo,

    danke für die ausführlichen Infos!

    Vorab, ich bin Sammler von Orden & Ehrenzeichen, Mitglied der DGO und Fachbuchautor.
    Ich komme also nicht aus den "einschlägigen Kreisen" - bzw. aus der braunen Ecke.
    Ich stöbere viel in alten Zeitschriften und stoße immer wieder - wie hier gezeigt - auf solche Stücke.

    Es ist interessant welche Geschichte hinter so einem Stück steckt.

    Mich würde noch interessieren, ob diese Gedenkmünze eher selten oder recht häufig am Sammlermarkt anzutreffen ist?
    Ich denke es ist eher eine Rarität?

  • Gern geschehen.
    Eine Berichtigung noch: Es ist keine Münze/Gedenkmünze. Es ist eine (Erinnerungs)medaille.
    viel findet sich nicht zu dem stück, ich denke die auflage war sehr gering und das ist natürlich ein indiz für die grosse seltenheit.
    zur häufigkeit am sammlermarkt kann ich leider nichts sagen, da es nicht mein sammelgebiet berührt.
    Aus welcher zeitschrift stammt denn die abbildung, und gibt es da noch einen beitext???

    Zur zeit der weimarer Republik gab es auch Medaillen mit der Verwendung der Symbolik deiner Medaille. Und vor allem dem niederl. Text.
    Medaille des Soldaten-Siedlung-Verbandes Kurland: http://www.sixbid.com/browse.html?au…8309&lot=390770

    http://antique-photos.com/en/awardsdatab…on-kurland.html

    http://www.huesken.com/shop/de/organi…land-40710.html
    grüsse

    Edited once, last by platinrubel (February 25, 2014 at 6:37 PM).

  • Hallo,

    ich habe diese Abbildung mit dem Hinweis zum Entwurf durch B.H. Mayer (klassischer Ordenshersteller und Mitglied der LDO) in der alten Zeitschrift "Deutsche Goldschmiede Zeitung" von 1940 gefunden.

    Dort wurde die Medaille als "Gedenkmünze" angekündigt.

  • Nach heutiger Lesart spricht man nur dann von Münzen, wenn ein Nominal feststellbar ist und/oder das Stück im Warenverkehr durch seinen Feingehalt/Gewicht zur Zahlung herangezogen wurde.

    Es wäre doch interessant, ob es sich "nur" um einen Fehler der Redaktion handelt, oder ob die Definition erst in der heutigen Zeit Anwendung findet.

  • Früher wurden auch Medaillen als Gedenkmünze bezeichnet. Findet sich besonders im 19. jahrhundert und der ersten hälfte des 20. jahrhunderts. der alte begriff lebt ja auch heute noch oft weiter.

  • Interessant wäre zu wissen, ob die Medaille nur über einen Entwurf hinaus kam oder ob es nur bei dem abgebildeten Entwurf blieb?

    Hat jemand schon mal ein Original gesehen???
    Kann jemand Bilder davon einstellen?

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