Rechenpfennig-Profis hier?

  • Hallo liebe Gemeinde,

    an diesem schönen Wochenende bin ich zum ersten Mal seit langem wieder mit der Sonde spazieren gegangen, immer schön am Wegesrand entlang auf der Suche nach erfreulichen Überraschungen. Und was soll ich sagen? Statt DM, Euros oder Reichsmark ist mir ein mittelalterlicher Rechenpfennig ins Netz gegangen. Premiere!

    Kennt sich jemand von euch in diesem Gebiet aus?

    Meine Recherchen weisen bisher darauf hin:
    Königreich Frankreich, Anfang 15. Jahrhundert, Messing, ca 7g/29mm, Vorderseite Lilienwappen, Rückseite Lilienkreuz im Vierpass

    Kann jemand mehr dazu sagen? Vielleicht sogar die Randschrift entziffern?

    Lieber Gruß vom
    Schängelsche

  • Dein Rechenpfennig kann ruhig im deutschsprachigen Raum bleiben, denn er wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Nürnberg für den Export nach Frankreich geschlagen. Es ist ein sog. "Jeton à l'écu" - ein "Schildpfennig" wegen des Lilienwappens, von dem es zahllose Varianten gibt. Entstehungszeit ca. 15. Jahrhundert. Mehrheitlich beginnt die Legende mit "AVE MARIA ...", dein Stück beginnt hinter dem Kreuz - soweit lesbar mit "MARIA". Ein paar Vergleichsstücke kannst du dir hier ansehen:

    https://sites.google.com/site/lesjetons…s/jeton-a-l-ecu

    Gruß klaupo

  • Danke, spannende Sache ist das… bis vorgestern wusste ich nicht einmal dass es so etwas gibt bzw. dass es scheinbar ein bedeutendes Geschäftsfeld war. Theoretisch hätte man ja auch Steine verwenden können...

  • Quote

    Theoretisch hätte man ja auch Steine verwenden können...


    Damit hat es ja auch schon in der Antike angefangen - mit den sog. Calculi.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Calculus

    Im Mittelalter dagegen waren die Handelsbeziehungen und damit verbunden die Verwaltungsapparate bereits erheblich ausgedehnt - wenn auch die Dimensionen von Brüssel noch nicht erreicht wurden - und jeder Kaufmann und jeder Hof, der auf sich hielt, hatte bereits seine eigene Rechnungsstelle. Die Gestaltung und Motive der Rechenpfennige waren damit neben dem eigentlichen Zweck als Arbeitsmittel gleichzeitig ein Propaganda-Instrument geworden, das die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Amt signalisierte. Die spannendsten entstanden während des 80-jährigen Krieges zwischen den Generalstaaten der Niederlande und dem Haus Habsburg. Hier wurden die Rechenpfennige auch ein Medium für politische Propaganda.

  • Es gibt eine kleine Broschüre aus der von der Kreissparkasse Köln herausgegebenen Reihe 'Das Fenster' mit dem Titel "Nach Adam Riese ... Geschichte und Wesen der Rechenpfennige", die sich mit diesemThema beschäftigt.
    Wer sich dafür interessiert, kann die Broschüre hier kostenlos und legal im PDF-Format (für den Acrobat Reader) herunterladen:
    http://www.geldgeschichte.de/downloads/6553…_Fenster_94.pdf

    Edited once, last by leodux (December 30, 2014 at 1:47 PM).

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